
Herr Ernst, das Eröffnungsdatum des Museums rückt näher. Stellen wir uns einmal vor, es wäre nun so weit. Was machen Sie am ersten Tag nach der Eröffnung?
Da dies ein Montag sein wird und wir montags geschlossen haben, werde ich in Ruhe durch das Haus gehen, um zu sehen, welche Spuren der Eröffnungstag hinterlassen hat. Was haben wir vielleicht nicht bedacht oder was müssen wir ändern? Dies insbesondere unter dem Aspekt, dass unsere Besucher zu jedem Zeitpunkt ein schönes, einmaliges Gebäude erleben sollen. Natürlich auch, um nochmals zu realisieren, dass wir nach einem Marathon im Ziel angekommen sind. Als wir mit dem Bau begannen, hatten wir keine Vorstellung davon, welche Herausforderungen uns erwarten würden. Das hatte für unsere Zeit- und Kostenpläne erhebliche Konsequenzen. Ich hoffe dann aber sagen zu können: Es ist alles so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
Wir haben in den letzten Jahren vereinzelt Werke aus der Sammlung vorgestellt, und es war immer ein Erlebnis, die Gemälde in Museumsräumen präsentiert zu sehen. Wenn die Werke nun an den Wänden unseres Museums zu sehen sein werden, geht für mich ein großer Wunsch in Erfüllung, für den ich viele Jahre gearbeitet habe.
Welche Chance sehen Sie durch das neue Museum für Wiesbaden?
Die Vorfreude auf das neue Haus wächst allerorten. Das merken wir auch an der steigenden Anzahl von Anfragen, die uns erreichen: sowohl von Reisegruppen, die das Museum besuchen möchten, als auch an dem großen Interesse an Buchungen des Maki Forums, unseres Veranstaltungsraums. Wir wollen Kunstinteressierten ein Erlebnis bieten, das in Erinnerung bleibt. Dazu gehört natürlich auch ›das Drumherum‹: Hier bereichern wir das Angebot in unserer Stadt mit unserem außergewöhnlichen Museumsshop und nicht zu vergessen mit unserer Gastronomie ›Rue1‹ von Günter Gollner. Wiesbaden wird durch unser Haus und die Möglichkeit, dann zwei tolle Museen nebeneinander besuchen zu können, an Attraktivität gewinnen, auch bei internationalen Gästen.
In der ersten Sammlungspräsentation werden 60 Werke ausgestellt. Welches kuratorische Konzept liegt der Auswahl zugrunde?
Die erste Ausstellung in unserem Museum wird selbstverständlich besondere Werke zeigen, die man so noch nie nebeneinander gesehen hat. Das wird ein Feuerwerk von Farben. Der Direktor unseres Museums, Dr. Oliver Kornhoff, und Kuratorin Lea Schäfer haben ein Ausstellungskonzept erarbeitet, das die Entwicklung der abstrakten Malerei nach dem Zweiten Weltkrieg nachzeichnet, Verbindungen zwischen Künstlern und Bezüge zwischen Werken aufzeigt. Im Mittelpunkt stehen Werke aus den USA, Japan und Europa. Das Schwierigste bei der Auswahl der Werke war das Weglassen.
Was sollte das Museum Ihrer Meinung nach, neben der Präsentation und Vermittlung von abstrakter Kunst, noch leisten?
Obwohl es in den vergangenen Jahren große Ausstellungen zu abstrakter Malerei gab – ich denke an Joan Mitchell in Paris, CoBra in Mannheim oder die große Judit-Reigl-Schau gerade jetzt in Berlin – haben wir nur einen Bruchteil gesehen, insbesondere von den Kunstwerken, die nach dem Krieg entstanden sind. Es gilt noch viel zu entdecken. Alle Arbeiten, die wir zeigen werden, sind nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft offen für Neues zeigte. Diese kunsthistorischen Bezüge aufzuzeigen, aber auch den gesellschaftspolitischen Kontext, in welchem diese Werke entstanden sind, ist eine unserer Kernaufgaben. Darüber hinaus soll unser Museum ein Ort sein, an dem sich Menschen treffen, gemeinsam etwas erleben. ›Museum building is community building‹ ist einer der Leitgedanken unseres Architekten, Fumihiko Maki. Das trifft den Kern, denn wir möchten, dass sich die Menschen in unserem Gebäude wohlfühlen und gerne wiederkommen.
Die erste Sonderausstellung widmet sich dem Architekten Ihres Museums: Fumihiko Maki.
Fumihiko Makis Karriere als Architekt umspannt sechs Jahrzehnte. Nach Bauten in Asien sowie in den USA und Kanada ist das mre das zehnte Museum, das er geplant hat. Wir wollen seine Architektur würdigen, denn sie ist nicht nur von herausragender Qualität, sondern strahlt eine zeitlose Eleganz und Schlichtheit aus. Für den Architekten Maki habe ich mich entschieden, weil er in erster Linie zweckbezogen für den Bauherrn plant. Er kennt keinerlei Starallüren, deshalb gibt es auch nicht die typischen Maki-Gebäude, es gibt nur Gebäude von Maki. Er hat viele Stunden in unserem Bilder-Depot verbracht, um zu verstehen, welche Kunstwerke wir zeigen wollen. Er stand Stunden auf der gegenüberliegenden Seite der Wilhelmstraße, skizzierte und studierte das Umfeld, in dem sein Museum stehen soll. Er ist ein kompromissloser Perfektionist. Das wird in unserem Museum an jedem Detail zu sehen sein.
Wie wird das Programm für die Sonderausstellungen in Zukunft aussehen, auf was können sich die Besucherinnen und Besucher freuen?
Kuratorin und Direktor planen für die Sonderausstellungen ein abwechslungsreiches Programm. Hier stehen zunächst Künstler und Künstlerinnen im Fokus, die das Profil der Sammlung einzigartig machen, ergänzt von möglichen Leihgaben aus anderen Museen oder von anderen Sammlern und Sammlerinnen. Zugleich werden wir den Blick immer wieder in die Gegenwart richten. Das Ziel ist, dass eine inhaltliche Verzahnung von Sonderausstellung und Sammlungspräsentation gelingt. Die Planungen hierfür laufen auf Hochtouren.

Sicht aus dem Atrium durch die Skulptur von Eduardo Chillida
Stichwort Zeitgenossen: Im Museum werden auch zeitgenössische Positionen gezeigt, die eigens für das Haus entstanden sind. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern erlebt?
Im Foyer und in den öffentlich zugänglichen Räumen im Untergeschoss werden raumgreifende Arbeiten von Katharina Grosse, Karl-Martin Hartmann, Bettina Pousttchi und Claudia Walde zu sehen sein. Im ersten Obergeschoss, also im Ausstellungsbereich, erstreckt sich eine sechs Meter hohe Skulptur von Tony Cragg bis ins zweite Obergeschoss. Mit diesen Künstlerinnen und Künstlern wurde bereits in der frühen Planungsphase Kontakt aufgenommen und deren Ideen wurden nach ausführlichen Gesprächen in die Planung einbezogen. Dadurch konnten meine Frau und ich die Entstehung dieser Arbeiten über einen langen Zeitraum begleiten. Dieser Austausch hat uns sehr viel Spaß gemacht.
Ein großes Anliegen ist Ihnen die Kunstvermittlung. Wie kann man junge Menschen für abstrakte Kunst begeistern und dabei auch noch ihre Kreativität wecken?
Ein Merkmal der abstrakten Kunst ist, dass man sich von der Vorstellung verabschiedet, bei einem Kunstwerk sofort ›etwas‹ erkennen zu müssen. Schon früh, insbesondere aber nach 1945, gingen Künstlerinnen und Künstler ganz neue Wege; Experiment und Bewegung standen im Mittelpunkt, die Grenzen der Malerei wurden immer wieder neu ausgelotet. Das ist heute nicht
anders. Von dieser Freiheit in der Malerei wollen wir erzählen. Hierfür haben wir ein umfangreiches und technisch aufwendiges Vermittlungsprogramm entwickelt, dessen Herzstück sich im Foyer des Museums befindet. Wir werden in unserem ›Farblabor‹ digitale Stationen haben, wo Kinder auf Bildschirmen Farben erzeugen und experimentieren können. Damit können sie praktisch Kunstwerke erschaffen und diese Freunden über ihr Handy schicken. Unser Farblabor steht an Vormittagen Schulklassen und anderen pädagogischen Gruppen zur Verfügung. Und das nicht nur aus Bildungsgründen, sondern mit dem Hintergedanken, Kreativität bei Kindern und Jugendlichen zu fördern. Wir brauchen einfallsreiche Menschen in allen Berufen. Wir brauchen Unternehmer, denn nur mit deren Hilfe können wir den Wirtschaftsstandort Deutschland erhalten.
Nach welchen Kriterien bemessen Sie den Erfolg des Museums?
Den Erfolg unseres Museums messe ich ganz klar an den Besucherzahlen. Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, ein Museum zu sein, dessen Ausstellungen zwar auf höchstem Niveau sind, aber nur wenige Menschen ansprechen. Wir wollen auch Besucher erreichen, die noch nie in einem Museum waren, die abstrakte Kunst erstmals sehen und erleben, und das, ohne Abstriche zu machen bei der Qualität unserer Angebote. Alles, was wir tun, geschieht ohne den Einsatz von Steuergeldern. Das kann unsere Stiftung natürlich nicht alleine schaffen. Wir benötigen Eintrittsgelder, allerdings nicht von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Wir benötigen Sponsoren, die uns helfen, besondere Ausstellungen zu finanzieren, oder uns bei unserer Arbeit mit Kindern unterstützen. Wir benötigen die Gelder aus der Vermietung unseres Maki Forums und die Gewinne aus unserem Museumsshop, um unsere hohen laufenden Kosten für Personal und Instandhaltung zu decken. Sollte es uns in den nächsten Jahren gelingen, dass Einnahmen und Ausgaben sich die Waage halten, haben wir unser erstes großes Ziel erreicht.

Im Stadtbild schon vertraut ist der Museumsbau von Fumihiko Maki.
Foto: Klaus Helbig
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