
© Museum angewandte Kunst
Noch während des Ersten Weltkriegs hatte Margarete Schütte-Lihotzky in Wien Einblick in überfüllte Mietshäuser bekommen. Als erste Österreicherin mit abgeschlossenem Architekturstudium über- legte sie, wie das Leben der ›Neuen Frau‹ aussehen würde: »Ich bin auf den Gedanken gekommen, dass die Berufstätigkeit der Frauen sehr zunehmen wird, und zwar nicht nur, weil sie dazuverdienen muss zum Einkommen des Mannes, sondern dass das auch kommt, wie man heute sagt, für die Selbstverwirklichung der Frauen, davon war ich überzeugt.«
Eine separate Küche mit Schrankelementen, Wasseranschluss und Elektrogeräten war für viele Familien auch in Frankfurt am Main noch Zukunftsmusik. Dennoch wollte man der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg mit 12.000 gut ausgestatteten Wohnungen in neu erschlossenen Siedlungen entgegentreten. ›Das Neue Frankfurt‹ war der Begriff, den Frankfurts damaliger OB Ludwig Landmann ab 1924 für ein modernes Architekturkonzept prägte, das alle Lebensbereiche einschließen sollte: »funktional, raumsparend, hygienisch und mög- lichst preissparend«. Für die Planung und Umsetzung war von 1925 bis 1930 Architekt und Städtebaudezernent Ernst May verantwortlich. Er kannte Margarete Schütte-Lihotzky aus seiner Zeit bei den schlesischen Heimstätten in Breslau, hatte einen Fachbeitrag über ihre Küchenstudien veröffentlicht und holte sie 1926 an den Main.

© Museum Angewandte Kunst

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»Das Erste, was er mir gesagt hat, war, ich möge mich mit den Grundrissen beschäftigen und mit der Rationalisierung der Hauswirtschaft. Das war der Anfang der Frankfurter Küche«, so beschreibt die damals knapp 30-jährige Architektin den Beginn ihrer Zusammenarbeit. Sie orientierte sich an Küchen aus der Reisegastronomie und entwarf ein Raumkonzept, das Arbeitsabläufe und Wege verkürzte. Dafür vermaß sie die zurückgelegten Wege während der Hausarbeit mit Stoppuhr und Zollstock. Anschließend konzipierte sie einen rechteckigen Raum von sechseinhalb Quadratmetern, der durch eine Schiebetür vom Rest der Wohnung getrennt war.
Alle Küchenmöbel und Geräte ordnete die junge Architektin so an, dass die Hausfrau von einem höhenverstellbaren Drehhocker aus ihre Arbeiten verrichten konnte. Die Arbeitsfläche lag optimal belichtet am Fenster. Ein herausnehmbares Schubfach am Ende der Arbeitsfläche war für Küchenabfälle vorgesehen. Um das Abtrocknen von Geschirr zu ersparen, konnte es gleich nach dem Abspülen in ein Tellerabtropfgestell sortiert werden. Die Hängeschränke besaßen Glastüren, sodass die Geschirrteile von außen gut sichtbar waren.
Die ersten ›Frankfurter Küchen‹ kamen 1926 auf den Markt, entwickelten sich zum Verkaufsschlager und fanden immer wieder Nachahmer. Originale sind heute nur noch in Museen erhalten wie im Frankfurter Museum Angewandte Kunst oder im Historischen Museum. Aber auch ins New Yorker Museum of Modern Art hat es das Erfolgsmodell von Margarete Schütte-Lihotzky geschafft. Die Architektin verstarb 2000 im hohen Alter von 103 Jahren – ihre Frankfurter Küche ist unsterblich.
Text von Ingrid Walter.
Die Original-Zitate in unverkennbar österreichisch-ungarischer Mundart stammen aus der WDR-Sendung ›ZeitZeichen‹.
Der Beitrag zu Schütte-Lihotzky ist nach wie vor online: wdr.de/mediathek/audio/zeitzeichen
Weiterlesen: Klaus Klemp: design in frankfurt. 1920–1990. Mit einem Essay von Dieter Rams.
Hrsg.: Matthias Wagner K. avedition 2014. ISBN: 978-3-89986-207-2
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