
Herr Wodarz, Sie werden sich nicht erinnern, aber wir kennen uns seit den 1980er-Jahren. Daher weiß ich, dass Sie ein großzügiger und spontaner Mensch sind. Damals habe ich für die Ente vom Lehel beim Catering auf dem Nürburgring gearbeitet – zugegebenermaßen: in einem Bunny-Kostüm. Dank unserer gastronomischen Vorkenntnisse fielen meine Freundin und ich positiv auf und Sie luden uns samt unseren Partnern zum Abendessen in Ihr Restaurant nach Wiesbaden ein. Tatsächlich genossen wir – keine 20 Jahre alt – ein Sterne-
Menü mit korrespondierenden Weinen, und der Chef schaute persönlich vorbei. Welch großartiger Abend! Was mir noch in Erinnerung blieb: Ein Paar am Nebentisch, das wohl einen besonderen Anlass zu feiern hatte, sich aber ›nur‹ das kleine Menü leisten wollte, wurde im Laufe des Abends immer gelber vor Neid. Offensichtlich gönnten sie uns nicht, dass wir ›reicher‹ wirkten als sie. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Allerdings! In der Top-Gastronomie haben Neid und Missgunst leider ihren festen Platz. Das habe ich schon mit 14 als fleißiger Page im Hotel Rose gelernt. Ich kam mir mit den Taschen voller Trinkgeld vor wie der ›King‹ und wollte als Kellner noch mehr verdienen. Aber meine Mutter riet mir: »Lerne Koch, da hast du immer etwas zu essen!« Auch das habe ich mit Leidenschaft gemacht und wurde 1965 im Kurhaus zum besten Kochlehrling des Jahrgangs aus Hessen gekürt. Dann folgten die Stationen bei Eckart Witzigmann im ›Tantris‹, 1975 in die Selbstständigkeit mit ›Die Ente im Lehel‹ und 1979 auch mit der ›Ente vom Lehel‹, die ich im Nassauer Hof eröffnete. In diesen Sterne-Restaurants kamen wohlhabende, auch illustre Menschen zusammen. Das kann unterhaltsam und herzlich zugehen, so kenne ich es aus Frankreich, aber hier in Deutschland war das Speisen im Restaurant meist von Totenstille begleitet. So ist meine Idee entstanden, Essen und Entertainment zu kombinieren. Eines Abends rief ich beim Intendanten des Staatstheaters nebenan an, ob man Opernsänger und Schauspieler schicken könne, um zwischen den Gängen etwas vorzutragen. So geschah es und die Stimmung wurde eine viel bessere. Das ›Schweigen der Schlemmer‹ war vorbei!

Ist das Ihre Stärke, die Kreativität?
Tatsächlich ist das mein größter Reichtum, manchmal überbordend und immer noch nicht versiegt. Ich schöpfte daraus beim Kochen, habe 1978 auf der Straße Hummer und Champagner verkauft, weil mein Restaurant renoviert wurde …
… woraus das Wilhelmstraßenfest erwachsen ist!
Richtig, der Straßenverkauf kam so gut an, dass andere Gastronomen sich anschlossen und wir schließlich ein alljährlich wiederkehrendes
Fest, das Theatrium, etabliert hatten. Dann habe ich 1990 ›Panem et Circenses‹, später ›Pomp Duck and Circumstance‹ ins Leben gerufen –
ein Eventformat, das es bis dahin nicht gab: das Restaurant-Theater.
›Die Zeit‹ schrieb: ›Wodarz macht jetzt Kindergeburtstage für Erwachsene‹. Und ich kann nur ergänzen: Die Menschen lieben es, wollen wieder zusammenkommen und genießen. Sterne-Gastronomie und Top-Varieté sind dafür hervorragende Zutaten. Gerade hat ›Das Palazzo‹ in Berlin wieder gestartet mit der großartigen Show ›Eskapaden‹.
Noch einmal zurück in die Wiesbadener Ente der 1980er. Interessant finde ich, dass Sie sich für ›ehrlichen Wein‹ eingesetzt und als Erster die Winzer persönlich in die Top-Gastronomie geholt haben.
Sich in Gourmet-Restaurants zu wagen, dazu musste ich die Winzer tatsächlich erst einmal einladen, weil sie nicht wissen konnten, dass wir trockene Weine als Begleitung für unsere Menues brauchten.

VivArt Tipp für einen Kurztrip: Palazzo in Berlin
Neuauflage der kulinarischen Show-
Events von Hans-Peter Wodarz: Ein Abend mit ausgesuchten Speisen, begeisternder Akrobatik und Musik verspricht Gleichklang, Harmonie und Spannung. Gemeinsam garantieren Hans-Peter Wodarz und Kolja Kleeberg im Palazzo im Spiegelpalast einen unvergesslichen Abend. Die neue Show ›Eskapaden‹ handelt von der Protagonistin ›Gloria‹, die von der kanadischen Clownin Mooky dargestellt wird. Ihr Wunsch: Teil der glamourösen Show und gefeierte Diva zu werden. Jedoch entwickelt sich alles anders, als der Showmaster Gregor auftaucht, und es entsteht ein großes Chaos. Doch zum Finale erleben die PALAZZO-Gäste ihren gefeierten Auftritt.

Dank Ihres Erfolgs konnten Sie immerhin Ihre Großzügigkeit ausleben. Mit Benefiz-Galas haben Sie Beträge in Millionenhöhe für Bedürftige gesammelt.
Ja, das war auch so eine Idee von mir, und dann wurde ein Selbstläufer daraus. Wir haben wohl Hunderte Benefiz-Veranstaltungen und Konzerte veranstaltet, unter anderem ›Ihnen leuchtet ein Licht‹, auch hier in Wiesbaden mit Dieter Kürten, Karl Nüser und Walter Bischof. Für das Engagement haben wir später den Hessischen Verdienstorden bekommen.
Wie würden Sie selbst Ihr Leben beschreiben mit wenigen Worten?
Tatsächlich schreibe ich ein ganzes Buch darüber, das im nächsten Jahr zu meinem 75. Geburtstag erscheinen wird. Die Kurzform wäre wohl: Achterbahn des Lebens. Es ging schon ziemlich hoch her, aber auch mal steil bergab.
Und wo werden Sie Ihren 75. feiern?
In Wiesbaden! Ich lebe zwar in Berlin, aber ich liebe meine Heimatstadt wahnsinnig. Wir lebten am Loreleyring, mein Vater war bis 1947 in Kriegsgefangenschaft gewesen. Das Hotel Rose und der Nassauer Hof wurden meine Tore zur Welt. Natürlich habe ich unzählige Ideen für meinen Geburtstag. Es wird sogar eine Dokumentation über mein Leben im Kino zu sehen sein. Lassen Sie sich überraschen!
Vielen Dank für das Gespräch!

Kolja Kleeberg & Hans-Peter
Wodarz PALAZZO
Die Tournee ist im November
in Berlin gestartet
Hertzallee 41
10787 Berlin
040 85388967
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